AKIRA ICHIKAWA
Takarazuka-Revue und Georg Kaisers Zwei Krawatten - Was Seiki Hori hinterließ
Tsukiji-Kammerspiele und Takarazuka-Revue
Nach dem Ende des ersten Weltkriegs wurden in der europäischen Theaterwelt zwei verschiedene Stilrichtungen dominant: das expressionistische Theater und die Revue.
Dass im Land der Siegermacht Frankreich die Revue, im Land der Verlierermacht Deutschland hingegen das expressionistische Theater erfolgreich war, steht in Zusammenhang mit Differenzen im Landescharakter, aber auch mit dem jeweiligen Nationalgefühl nach dem Krieg. Es mag wohl Zufall gewesen sein, dass Ichizō Kobayashis großes Schauspielhaus in Takarazuka und Kaoru Osanais Kammerspiele in Tsukiji beide im selben Jahr, nämlich 1924, ihren Betrieb aufnahmen. In Takarazuka fiel die Wahl jedenfalls auf die französische Revue, in Tsukiji auf den deutschen Expressionismus. Hier will ich zunächst einen vergleichenden Überblick über den Pariser Stil des Takarazuka und den Berliner Stil der Tsukiji-Kammerspiele versuchen.
Als jedoch Nachricht über das große Erdbeben in Tokyo eintraf, brach Hijikata seinen geplanten zehnjährigen Studienaufenthalt in Europa ab und kehrte zurück nach Japan. Er investierte das gesamte Geld, das er für seinen Aufenthalt in Deutschland gespart hatte, um zusammen mit Osanai als Berater eine neue Theatergruppe bzw. ein neues Theaterhaus zu gründen. So entstand 1924 in Tsukiji ein Theater mit 400 Sitzen - die Tsukiji-Kammerspiele - und die Ära des Shingeki (das moderne Theater) wurde eingeläutet. Unter den ersten drei Aufführungen fand Hijikatas Inszenierung von Reinhard Goerings Seeschlacht (1917) besondere Beachtung.
Wie verhielt es sich in Takarazuka? Tatsuya Kishida kam im Mai 1927 zurück nach Japan. Im September feierte Mon Parī - waga Parī yo („Mon Paris - mein Paris“) mit Kishida als Autor und Regisseur, Tetsuzō Shirai als Choreograph und dem auch aus Europa zurückgekehrten Takagi Kazuo als musikalischem Leiter Premiere. Die erste Revue Japans hatte zuvor ungesehenen Erfolg und wurde zu einem repräsentativen Gesellschaftsphänomen des Shōwa-Modernismus.
Die Kaiser-Rezeption von Seiki Hori
Es gibt einen Autor und Regisseur, der im Schatten von Tatsuya Kishidas und Tetsuzō Shirais Pariser Stücken stand und in der offiziellen Geschichte des Takarazuka völlig untergegangen ist, nämlich Seiki HORI (1895 - 1953) - ein großer Deutschlandliebhaber, der Stücke aus dem Land und über das Land verfasste, übersetzte und inszenierte. Hori suchte neue Möglichkeiten für ein Drama, das expressionistisches Stationendrama und Revue miteinander vereint. So kam es zur Begegnung mit den Dramen von Georg Kaiser. Kaiser. Seiki Hori hat Kaisers Revue Zwei Krawatten (1929, Erstaufführung 1929) übersetzt und 1933 beim Verlag Daiichi Shobō veröffentlicht. Für die Aufführung in Takarazuka fügte Hori am Anfang eine Szene hinzu, kürzte das Werk an anderen Stellen und integrierte zahlreiche Lieder und Chorgesänge. Der Titel wurde ebenfalls geändert zu Das Mädchen aus Berlin - im Unterschied zum Original ein Musiktheater. Die Aufführung fand im Jahr der Übersetzung im Mittleren Schauspielhaus Takarazuka statt - im selben Jahr ergriffen in Deutschland die Nationalsozialisten die Macht.